Abendblatt (Newspaper) - October 29, 1894, Chicago, IllinoisHeransgegeben von der Illinois Staats-leitnngs-To. Tlücago, Montag, 29. Oktober 1894. Preis 1 Tent. 47. Jahrgang. No. 257.
Uevevvlick
Und Kurzgefakles.
- Für heute steht uns noch Regen inAussicht.
Kanzler von Hohenlohe besucht denKaiser und folgt hierauf dem neuen Muri-
ner des Innern, von Köller, nach Berlin.Wie Bismarck über die Vorgänge urtheilt.
Bei dem Erdbeben in Argentinien
sind 2000 Menschen umgekommen, und die
Zahl der Obdachlosen wird auf 20,000 ge-
schützt.
Erst gegen Ende dieser Woche wird
die Prinzessin Alix dem Czarewitsch ange-
traut werden. Der Petersburger Metro-
polit wird sie zuvor in die griechisch-ortho-
doxe Kirche ausnchmen.
ln New Bork war der Effektenmarkt
zu Anfang zwar ziemlich belebt, aber matt.
Die „Baisse" fiel wieder über die Aktien der
Kohlenbahnen her und New Jersey Central
ging um 2K und Delaware L Hudson um
pCt. zurück. Natürlich litten auch dieübrigen Aktien darunter und Pullman
wurde um 1 pCt., Northwestern, Lead,
Lake Shore um je E, Tabak um General
Electric um § pCt. gedrückt. Danach wurdeein Theil des Verlustes wieder eingeholt.
Am nächsten Mittwoch Abend wird
das neue Museum der Acadcmie der Wis-
senschaften im Lincoln Park eröffnet und
dem Publikum zum freien Besuch über-geben werden. Die Besuchszeit ist von 10
Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nachmittags.
Der Kampf der politischen Parteien
ist auf der ganzen Linie entbrannt. Es ist
ein wahres Glück, daß die Entscheidung
schon am 6. November erfolgen muß, da
die Politiker, welche zugleich Beamte sind,
ihre Pflichten in unverantlicher Weise ver-
säumen.
Zwischen den Studenten in Evanston
ist ein Kampf über die Frage ausgebrochcn,
ob cs statthast ist, bei Abeudunterhaltungen
das Tanzbein zu schwingen. Die Blicke
der ganzen Well sind mit athemloser Svan-
nung auf die „Universitätsstadt" gerichtet,
bis diese große Frage entschieden ist.
Telei;rap!njckie DepesHeri.
Die Slütmng der Prinzessin Alir.
Die Hochzeit wird wahrscheinlich erst
am Freitag stattfinden.
Die Ankunft der Schwester des Lzaren, der
dänischen Aönigsfainilie und anderer
hohen Herrschaften in Halta erwartet.
London, 29. Oct.
Von Yalta wird der „Pall Mall Gazette"
gemeldet, daß der Metropolit von St.
Petersburg dort nngrkommeu ist, um die
Prinzessin Alix vor der Trauung, welche
demnächst stattfinden wird, zn salben.
Während der nächsten vier Tage wird die
Prinzessin dem Gottesdienste der griechischen
Kirche beiwohnen. Man glaubt jedoch
uicht, daß die Hochzeit mit dem Czarewitschvor dem Freitag stattfiudcu wird.
Außerdem heißt es iu der Depesche aus
Yalta, daß Vorbereitungen sür die Ankunft
der Herzogin von Sachsen-Coburg (der
Herzogin von Edinburg), der Schwester
des Ezaren, der königlichen Familie von
Dänemark und anderer hohen Gäste ge-
troffen werden.
Der Gesundheitszustand des Tzaren.
Das Befinden desselben unverändert.
Washington, 29. Okt.
Der hiesige russische Botschafter, FürstCautakuzencs, hat soeben von seiner Ne-
gierung folgendes Bulletin erhallen:
St. P e l e r s b u r g, 29. Okt.
„Der Kaiser hat in der Samstag Nachtgut geschlafen. (Sonntag) ist in
dem Befinden Sr. Majestät keine Acnde-
rung eingetreteu." Gez. Giers.
St. Petersburg, 29. Okt.
Folgendes, von den behandelnden Aerz-
tcn unlerzeichnctcs Bulletin, wurde heute
Morgen um 11 Uhr veröffentlicht: „DerCzar hat in letzter Nacht weniger gut ge-
schlafen; sein Appetit ist unverändert. Die
'lufchwclluug hat nicht abgcuommen.
Opfer eines Herzschlages.
liu junger Maun bricht beim Ballspiel todt
zusammen.
P.ek in, Jll., 29. Okt.
Gestern stürzte Gustav Kaiser gerade in
dem Augenblicke todt. nieder, als er sich an
einem Fußballspiel betheiligeu wollte; er
warf die Arme in die Höhe, fiel nieder und
war sofort Leiche. Als Ursache desplötzlichen TodcS des jungen Mannes, der
in der Stadt wohlbekannt war, wird ein
Herzschlag angenommen.
Zum Ntörder geworden.
Unvorsichtige Handhabung einer eisernen
Stange.
Oakland, Jll., 29. Okt.
Dem Besitzer des Hinsboro Leihstallcs,
Louis Collier, wurde gestern von A. B.
Honsing, einem jungen Farmarbeiter, mit
einer schweren eisernen Stange der Schä-
del einaefchlagen. Collier ist dem Tode
nahe; Honsing hat sich geflüchtet, wird aber
von der Polizei scharf verfolgt.
-——ch»
Tchlimm für das Vieh.
Schneegestöber in Nebraska.
Hay Springs, Ncb., 29. Okt.
Gestern wurde dieser Theil des Staates
von einem heftigen Schneegestöber heimge-
sucht, welches acht Stunden anhielt. Das
Lieh leidet dadurch bedeutenden Schaden.
Eine Räuberbande gesprengt.
Die Pacific Txp/eß-Gesellschcrft er-
langt ihr Geld wieder.
Die Räuber zwei verkommene Söhne an-
ständiger Lltcrn.
TheD a l l es, Oregon, 29. Oct.
Nach zwciwöchentlichen erfolglosen Be-
mühungen voll Seiten der geheimen und
örtlichen Polizei, die Banditen zu ent-
decken, welche am 1. October die Pacific
Expreß Company in hiesiger Stadt um
H14,000 beraubten, ist es endlich gelungen,
dieselben abzufassen, und bis auf H2OO das
ganze Geld wiederzuerlangen. Frank
Klein und Otis Savage, junge Leute von
anständigen Familien von hier, sitzen jetzt
dafür ihm Gefängniß und haben ein volles
Geständniß über den Raub abgelegt. Nach-
dem die Geheimpolizisten ohne Erfolg viele
angebliche Spuren verfolgt hatten, gerieth
Sheriff Driver auf die Vermuthung, daß
möglicher Weise Klein und Savage, welche
sich beschäftigungslos im Orte herum-
irieben und früher einer unter dem Namen
„Hawlhorne Gang" bekannten Bande von
Strolchen angehörten, mit dem Raube in
Verbindung stehen könnten. Es hieß, daß
sich die jungen Leute von der Bande ge-
trennt hätten, weil sie sich nicht über einenPlan, einen Zug der Union Pacific Bahn
zwischen hier und Portland zu berauben,
einigen konnten. Bald darauf brachen
Hawthorne und seine Genossen in ein hie-
siges Geschäft ein, raubten Gewehre, Pi-
stolen und Schießbedarf und begaben sich
damit nach ihrem Lager in der Nähe des
Berges Hood.
Die einzige Spur, welche nach dem Ex-
preßraube zurückgelassen worden war, be-
stand in einer stählernen Stange, welche an
dem einen Ende zugespitzt war, und am an-
deren einen Haken hatte, und diese war am
Morgen nach dem Raube neben dem leeren
Gcldschranke am Fußboden des Expreß-
lokales gefunden worden.
Der Vermuthung des Sheriffs Driver
folgend, begaben sich der Geheimpolizist.
L-imonS aus Portlaud, und Lord von der
„Sureiy Company" von Kafas City, nach
Klein's und Savage's Wohnzimmer, wel-
ches sich in einer Scheune in Klein's Hofe
befand. Die Wände des Zimmers waren
mit Gewehren aller Art behängt, und
außerdem befand sich dort ein Amboß nebst
Werkzeugen, um leichte Schmiedearbeit zu
besorgen.
Als dem Sheriff Driver dies mitgctheilt
wurde, ging er mit jener stählernen Stange
zu Salem Nowe einem Mitglied«: der
Bande, das sich jetzt im Zuchthausc befin-
det, und erfuhr von diesem, daß die Stange
in Klein's Wohnung zurecht geschmiedet
worden sei. Rowe sagte auch, daß Klein,
der ein tüchtiger Schlosser ist, einen Schlüs-
sel zum Geschäftslokale der Exprcßgesell-
schaft habe.
Nach Empfang dieser Mittheilungen be-
gab sich Driver mit dem Geheimpolizisten
SimouS nach The Dalles und vcranlaßte
die Verhaftung von Klein und Savage.
Tie setzten ihrer Verhaftung keinen Wider-
stand entgegen, und wurden im Hotel in
getrennte Zimmer geführt, wo der Bezirks-
anwalt Jayue und Simons versuchten, ein
Geständniß von ihnen zu erlangen. Klein
gestand schließlich den Diebstahl ein, und
gab den Versteckplatz des Geldes an, wo
auch die ganze Summe, außer H2OO, gefun-
den wurde. Klein gestand auch, daß er
und Savage am 6. September das Post-
amt beraubt hätten. Durch diese Verhaf-
tung ist einer der schlimmsten Räuberban-
den der hiesigen Gegend ein Ende gemacht
worden, und wird auch der Expreßageut
Hill, von dem es irrthümlicher Weise hieß,
daß er als des Raubes verdächtig in Hast
genommen worden sei, von dem Verdachteentlastet.
Beinahe entwischt.
Lin Bahuräuber bei einem Fluchtversuche
aus dem Gefängnisse abgefaßt.
Tucson, A. T., 29. Okt.
Oscar Rogers, einer der Leute, welchesich unter der Anklage, vor einigen Wochenin der Nähe der Station Maricoba einen
östlich gehenden Zug der Southern Pacific
Bahn überfallen zu haben, hier im Gefäng-
nisse befinden, hätte gestern Nacht beinahe
sein Entkommen bewerkstelligt. Er hatte
bereits fast die ganze Blauer durchbrochenund würde in zehn Minuten ein freier
Maun gewesen sein, wenn sein Fluchtver-
such nicht entdeckt worden wäre. Einmal
außerhalb der Gcsänguißmauern hätte er
ein leichles Entkommen gehabt, denn man
wußte bestimmt, daß einige seiner Spieß-gesellen nur darauf warteten, ihm zur wei-
teren Flucht zu verhelfen. „Kid" Thomp-son, dem die Geheimpolizisten Tag und
Nacht nachstelleu, soll sich in der hiesigen
Alachbarschaft aufhalten.
Von einem Bahnzuge überfahren
Schreckliches Lude eines Tanzvergnügens.
Lebanon, Jnd., 29. Okt.
Gestern morgen wurde ein Wagen, in
welchem sich eine von einem Tanzvergnügen
zurückkehrendc Gesellschaft befand, von
einem Zuge der Big Four-Bahn überfah-
ren. Fünf Personen verloren bei dem Un-
fall das Leben; die Namen derselben sind:
Gertrude und Grace Davis, Tenna George,
Carl Gowans und May McDaniel.
Aus dem Zuchthause entsprungen.
Gelegenheit für Jemand, fünfzig Dollars zu
verdienen.
Io liet, Jll., 29. Okt.
Gestern ist William Steadman aus dem
hiesigen Zuchthause entflohen. Der Flücht-ling ist fünf Fuß, zehn Zoll groß, hatdunkle Gesichtsfarbe, dunkles Haar und istseit einigen Tagen nicht rasirt. Auf Stead-
man's Verhaftung ist eine Belohnung von
HSO ausgesetzl.
MM Bismarck über die Krisis.
Tr kehrt am 3. November nach
Friedrrchsruh zurück.
Der Gesundheitszustand der Fürstin besorg-
nißerregend.
Berlin, 29. Okt.
Der Correspondeut der Assoc. Presse er-
fährt aus Varzin, daß Fürst Bismarck nach
dem Empfang der Nachricht über die Mi-
nisterkrisis sich folgendermaßen geäußert
habe: „Ich wußte, daß dies die unver-
meidliche Folge sein werde. Der Graf zu
Eulenburg hatte betreffs der anli-sozialistt-
schen Maßregeln Recht, aber Caprivi war
mit ihm nicht einverstanden, und einer, oder
beide mußten zurücktreten. Der Fürst Ho-
henlohe ist ein zuverlässiger Mann, aber es
mangelt ihm an entschiedenem Vorgehen."
Fürst Bismarck kehrt am 3. November
nach Friedrichsruh zurück. Wegen seines
Gesundheitszustandes ist er nicht im
Stande, vor seiner Abreise von Varzin
noch weitere Delegationen zu empfangen.
Die Gesundheit der Fürstin Bismarck giebt
zu Besorgniß Veranlassung.
Eine russische Motte in Tschi-M
an gekommen.
Die japanische Flotte vor Wei-Hai-
wei.
Chinesische Hülse für Port Arthur.
London, 29. Okt.
Der „Daily Graphic" veröffentlicht fol-
gende Depesche aus Yokohama: Die chiue-
sifche Flotte begicbt sich in die Bai von
Tschin Kan, um Port Arthur gegen die Ja-
paner zu vertheidigen. Die Absicht der
Japaner ist, Port Arthur, Talien Wan
und sämmtliche benachbarten Häfen zu
blokiren.
Die Eröffnungen Japan's an Rußland
zur Abschließung eines neuen Vertrages
sind günstig ausgenommen, und die Unter-
handlungen werden demnächst beginnen.
Der Correspondcnt der „Central News"
in Shanghai telUraphirt, daß die russisch:
Flotte in Tschi-Fu angekommen ist, und
daß eine japanischeFlotte von 11 Schiffen
und mehreren Torpcdoböten sich vor Wei-
Hai-Wei befindet.
Böser ReinfaU eines Thicagoers.
Lr wird das Opfer eines Bauernfängers.
New York, 29. Oct.
John M. Holmes, angeblich ein Ge-
schäftsmann aus Chicago, erklärte heute
Morgen im Polizeigericht von Jefferson
Market, daß er das Opfer eines Schwind-
lers geworden sei. Holmes war im be-
wußtlosen Zustande auf einer Haustreppe
an der Ecke der Madison Ave. und der 30.
Straße gesunden worden. Er war, seiner
Angabe nach, beraubt worden; am Samstag
Abend, sagte er, sct er im Astor House von
Jemand als Bekannter angeredct worden,
der ihn zu einem Getränk eingeladen habe;
er habe einen „Ooest tull" getrunken und
sei dann in Gesellschaft des Fremden nach
der oberen Stadt gegangen, wo er einen
Geschäftsfreund treffen wollte. Er erinnere
sich noch, auf einem Kabclwagen auf dem
Broadway gefahren zu sein, aber was spater
passlrt sei, wisse er nicht. Er behauptete,
daß ihm eine goldene Uhr im Werlhe von
H3OO und außer anderen werlhvollen Pa-
pieren auch ein Contrakt gestohlen sei, der
einen Werth von H40,000 gehabt habe.
Der Richter Hogan gelangte zu der An-
nahme, daß dem Manne ein Betäubungs-
mittel bcigebracht wurde, und entließ ihn
straflos.
plötzliches Steigen der Rubelnoten.
Aufregung an der Börse darüber.
Berlin, 29. Okt.
Das Steigen der Hundert-Rubelnoten
von 219 auf 232 Mark in einer Woche hat
heute auf der Börse einige Aufregung ver-
ursacht. Die große Seltenheit der Rubcl-
nolcn wird dem Umstände zugeschrieben,
daß dieselben von der russischen Negierung
aufgekauft wurden.
Opfer von Straßenräubern.
Kannte jedenfalls den Inhalt seiner Taschen.
Lcbanon, Jnd., 29. Okt.
Gestern Nacht wurde Dennis O'Nourke
von SlraßeNräubern angefallen und um
H3OO beraubt, die er kurz vorher durch den
Verkauf von Scheinen eingenommen hatte.
Hohe Auszeichnungen.
General Laprivi und Graf Lulenburg durch
Verleihung hoher Orden geehrt.
Berlin, 29. Okt.
Der „Neichsanzeiger" theill mit, daß der
Kaiser dem General v. Caprivi den Orden
des Schwarzen Adlers in Brillanten, und
dem Grafen Bolto zu Eulenburg das große
Commandeurkreuz des Hohcnzollcrnordensmit Kreuz und Stern verliehen hat.
Vielleicht verhungert.
Line alte, alleinstehende Frau, todt im Bette
gefunden.
Kalama ; 00, Mich., 29. Okt.
Margarethe Vance, eine 65jährige Frau,
welche Jahrelang hier für sich allein ge-
wohnt und häufig bittere Noth zu leiden jhalte, wurde gestern todt in ihrem Bette
aufgefunden. Man glaubt, daß sie dem!Huugertode erlag.
Das Erdbeben in Argentinien.
Die Zahl der Nmgekommenen auf
zwei Tausend abgeschätzt.
Zwanzig Tausend Personen obdachlos.
Die Stadt ka Rivja in Ruinen.
Buenos Aires, 29. Okt.
Wie ein Correspondeut in La Rivja be-
richtet, liegt die Stadt in Folge des Erd-
bebens in Ruinen. Sämmtliche Kirchen,
Schulen und öffentlichen Gebäude sind zer-
stört und die Bewohner kampiren in der
Nachbarschaft. Einige Erdstöße hatten
eine Dauer von sechsundzwanzig Sekun-
den und es spielten sich furchtbare Scencn
ab. Zwei barmherzige Schwestern wurden
von den entstürzenden Mauern erschlagen
und eine noch größere Anzahl liegt verschüt-
tet unter den Ruinen. Der Gouverneur
befürchtet, daß die Zahl der Umgckomme-
nen und Verletzten in der ganzen Provinz
wenigstens 2000 Personen betragen wird,
da noch viele andere Ortschaften von dem
Erdbeben betroffen wurden. Es wird be-
richtet, daß in verschiedenen Theilen der
Provinz Erdrissc stattsanden, aus denen
kochendes Wasser und Schlamm herausge-
worfen wurde.
Fortwährend treffen Boten mit Nach-
richten von dem in den verschiedenen Ge-
genden und Ortschaften angerichteten
Schaden ein.
Das Dorf Del Arbordon ist in einer ge-
waltigen Erdspalte, welche sich im Boden
öffnete, vollständig verschwunden. Die
Negierung schickt Extrazüge mit Aerztcn,
Zelten, Lebensmitteln ab und zugleich auchArbeiter, um bei der Wegräumuug der
Trümmer zu helfen. Man glaubt, daß
wenigstens 20,000 Personen obdachlos ge-
worden sind. Südlich von Buenos Aires
wurde nur ein seichter Erdstoß gespürt.
Das Erdbeben scheint in der Nähe der
Mündung des La Plata seewärts gegangen
zu sein.
Die Chinesen bekommen es mit
der Angst.
Die Nachricht von der Niederlage am
tzalu hat die größte Bestürzung
hervorgerusen.
Mit Ungeduld werden Nachrichten von Port
Arthur erwartet.
T i e n T s i e n, 29. Okt.
Die Nachricht von der Niederlage der
Chinesen nördlich vom Yalu hat hier große
Bestürzung hervorgerufen, und die chinesi-
schen Beamten leugnen die Wichtigkeit des
Unglücks nicht ab.
Die nächsten Kampfe werden bei Port
Arthur staitfinden, und die Nachricht davon
wird mit Ungeduld erwartet.
Tin ebenso schlauer als einfacher
Tchwindelplan.
Line geriebene Gaunerin nach langer Suche
abgefaßt.
Ne uw York, 29. Okt.
Nach einer Jagd von über einem Mo-
nate, ist es den Leuten des Inspektors
McLaughlin endlich gelungen, das hübsche
und schlaue junge Frauenzimmer abzu-fassen, welches hier und in Brooklyn so
viele Putzmachergeschäste zu beschwindeln
verstand.
Der Maun des Mädchens ist Millie
Harrowitz, wohnhaft in Harlem. BUnie
wurde gestern Abend im Hauptquartier der
Polizei von mehreren ihrer Opfer identi-
fizier, und legte dann ein offenes Geständ-
niß ab. Ihr Opcrationsplan war ein
ebenso einfacher, als verwegener. Sie fuhr
bei einem Hotel vor, nahm ein Zimmer für
sich und „Großmama", indem sic angab,
daß „Großmama" sehr bald mit dem Ge-
päck und Reisegeld ankommen werde. Dann
nahm sic sofort die Zimmer in Besitz,
welche neben einander liegen, und beide
einen Ausgang nach dem Corridor haben
mußten, worauf sie nach einem Putzmacher-
geschäftfuhr, einen oder mehrere Hüte aus-
suchre, und bat, dieselben nebstKleingcld für
eine HIOO Note nach dem Hotel zu schicken.
In dem einen Zimmer nahm sie daun die
Hüte in Empfang, worauf sie unter dem
Vorwände die HIOO Banknote von ihrer
mythischen „Großmama" zu holen, mit dem
Kleingelde in das nächste Zimmer ging,
um von dort durch den Corridor schleunigst
aus dem Hotel zu verschwinden.
-
Der schlaue Aeter.
Drei Jahre lang dreht er, als Mädchen ver
kleidet, der Polizei die Nase.
Win field, Jll., 29. Okt.
Vor drei Jahren war Peter Cline, ein
Sohn des hier in der Nähe wohnenden
Farmers Cline, in einem Orte in lowa
wegen Diebstahls verhaftet worden; er hatte
aus dem Geschäfte, in welchem er dort als
Clerk angestellt war, Maaren gestohlen.
Ehe er aber nach dem Gefängnisse abgeführt
wurde, war es ihm jedoch gelungen, seine
Flucht zu bewerkstelligen, und erst am letz-
ten Freitag wurde er unter cigenthümlichen
Umständen wieder in Haft genommen.
Nach seiner Flucht wurde eine Belohnung
von PSO auf seine Verhaftung festgesetzt
word-n, aber es war Niemandem gelungen,
das Geld zu verdienen. Vierzehn Tage
nach seiner Flucht vor drei Jahren erschien
plötzlich beim Farmer Cline ein Frauen-
zimmer, welches als eine Schwester vorge-
stcllt wurde; die junge Dame nahm Herren-
besuche an, und Alles ging ganz gut, bis
am letzten Freitage ein aus lowa einge-
lroffener Polizeibeamter dem Stillleben auf
Cline's Farm e'.n Ende machte, indem er
das Mädchen, welches sich als Peter Cline,
der flüchtigeDieb, entpuppte, in Haft nahm.
Der schlaue Peter hatte in seiner Verklei-
dung die Polizei drei Jahre lang an der
Nase herumgeführt und in seinen Unter-
röcken hier nicht den geringsten Verdacht er-
regt. Jetzt aber sitzt Peter in lowa hinter
schwedischen Gardinen.
Nlorton's Rutscher.
Sekretär Larlisle wird heute oder morgen
seine Entscheidung über den Fall
abgeben.
W a shingto n, 29. OEt.
Der Sekretär Carlisle brachte den
größeren Theil des gestrigen Tages mit der
Durchsicht der vor der Spezialcommission
auf ElliS Island im Falle Howard's des
Monon'schenKutschers, gemachten Zeugen-aussagen zu. Er wurde jedoch nicht da-
mit fertig, und eine Entscheidung wird erst
in ein oder zwei Tagen erfolgen. Den
Zeugenaussagen, welche 107 Seiten lang
sind, war ein langer Bericht der Com-
mission und ein besonderer Brief des Ein-
wanderungseommissärs, Dr. Spuncr, bei-
gelegt. Wie es heißt, hat die Commission
empfohlen, daß der Sekretär bei seiner ur-
sprünglichen Entscheidung beharre, und
daß Howard wieder zurückgcschickt werde.
Der neue Kanzler besucht den Kaiser,
Und beliebt sich darauf nach Berlin.
Fürst von Hohenlohe hat heute dem Kai-ser Wilhelm in seiner Eigenschaft als
Kanzler des deutschen Reiches und preußi-
scher Ministerpräsident, einen Besuch abge-
stattet. Darauf begab er sich nach Berlin,
wohin ihm Herr v. Koeller, der neucrnannte
Minister des Inneren, bereits vorausgecilt
war.
Schiffsnachrichten.
In der Nacht auqekommen:
Southampton „Ems" v«n New Bork.
Havre ~La Champagne" von New
York.
Hamburg „Steinhost" von Montreal.
Hüll „Gallilco" von Genua.
Glasgow „Pomeranian" von Mont-
real.
New York „Moravia" von Hamburg.
Heute gemeldet:
New York: „Moravia" von Ham-
burg, „Rotterdam" von Rotterdam.
New York: Weimar von Bremen.
Städtisches.
Das Wetter.
Optiker Kleine, 76 Washington Str.,
berichtet für Chicago die folgenden Baro-
meter- und Thecmometerstände:
Um 8 Uhr Morg. 54 Gr., um 9 Uhr 54
Gr., um 10 Uhr 56 Gr., um 11 Uhr 56
Gr., um 12 Übr 56 Gr. Barometerstand
um 8 Uhr Morg. 29.15, 12 Uhr 29.05.
Mysteriöse Schießerei.
Der wirth Frank Reichton zufällig durch eine
Revolverkugel verwundet.
Als die Polizisten Charles Nook und
John Murphy an der Larrabee Str. nörd-
lich zwischen Centre- und Wisconsin Str.
entlang gingen, körten sie plötzlich in der
Nachbarschaft drei Schüsse fallen und ein
Hülfegeschrei. Sie eilten hinzu und fan-
den an der Ecke von Larrabee- und Wis-
consin Str. den Wirth Frank Reichton mit
einer Kugelwunde in der linken Huste. Er
war vor seiner Wirthschafl stehend zufällig
durch eilte Kugel verwuudcl worden und
wurde nach dem Alerianer-Hospital ge-
bracht. Von den Schützen, welche die drei
Schüsse abfeuerten, konnten die Polizisten
keine Spur entdecken.
Gerechte Strafe.
Lin Bauernfänger auf sechs Monate nach
der Bridewell geschickt.
,I. Lewis, ein Mann in den scchsziger
Jahren, mußte sich heute früh vor Richter
Severson gegn die Anklage des Erlangens
von Geld unter Vorspiegelung falscherThalsachen, verantworten. Gestern Nach-
mittag soll er den auf dem Bahnsteig des
Northwestern-Bahnhofs auf einen Zug
wartenden N. C. Gordmann um H 6 ange-
gangen und sie von demselben auch erhallen
haben, auf einen Check hin, den er ihm als
Sicherheit angcboten hatte und der auf die
hohe Summe von H35 lautete.
Als Goldman den Check einlösen wollte,
stellte sich natürlich heraus, daß derselbe
gctälscht worden war und sofort erwirkte
der Betrogene einen Haftbefehl gegen
Lewis. Dieser war leicht zu finden, da die
Geheimpolizisten der Bahn schon längst
wegen seines Herumlungerns auf dem
Bahnhöfe ein scharfes Auge auf ihn gewor-
fen hatte. Heute Morgen vor Richter Se-verson verzichtete er auf jegliche Vertheidi-
gung, denn er schien mit den hiesigen Ge-
setzen nur zu genau betraut und wußte, da
nur der Angeklagte beschwören könnte, den
Check von ihm erhallen zu haben und
überhaupt der einzige Belastungszeugen
war, daß der Richter ihn von der zu An-
fang erwähnten Anklage freisprechcn müsse.
Dieses geschah denn auch, doch Halle er ganz
der Anklage des unordentlichen Betragens
vergessen, welche auf den Grund hin, daß er
Gordmann belästigt habe, ebenfalls gegen
ihn erhoben worden war; der Richter aber
nicht, und da dieser Lewis als einen gerie-
benen Bauernfänger kannte, sandle er ihn
auf 6 Monate nach der Bridewell.
Die Bauthätigkeit.
Im städtischen Gebäudeamt wurden im
Laufe der vergangenen Woche 180 Bauer-
laubnißschcine fürßauten zum veranschlag-
ten Gesammtwerthe von P838,350 erwirkt.
Von den 180 Bauerlaubnißscheinen fallen
89 mit H516,400 auf das alte Stadtgebiet,
34 mit H172,000 auf Hyde Park, 26 mit
H82,700 auf Lake und 21 mit P 56,400 auf
Lake View.
Die am Sonntag Abend bekannt ge-
gebenen offiziellen Angaben über die Regi-
stration an den beiden Registralionstagen,
dem 16. und dem 23. Oktober, zeigen, daß
sich in Chicago und in Cicero zusammen
317,487 Männer und 30,688 Frauen' in
die Wählerlisten eintragen ließen.
Hülse, Herr Bürgermeister ?
Nebelstände, welche die Gelcise-Lrhöhnng an
Archer Ave. im Gefolge hat.
In einem scheußlichen Zustande befindet
sich z- Z- in Folge Höhcrlegung der Geleise
der Nock Island- und Lake Shore-Bahnen
die Archer Ave., auf derenKreuzungen mit
der Clarkstr. bis Wentworth Ave., d. h. auf
einer Strecke von 3 Blocks. Die Archer
Ave. soll nämlich in Folge Höherlegung der
genannten Bahngcleisc tiefer gelegt wer-
den. Obgleich nun diese Geleise noch nicht
einen halben Block wert böhergelegt, sondern
nur die 10 Fuß hohen Steinmauern
zu beiden Seiten der Archer Ave. lauf-
geführt sind und das zum Höherlcgen der
Geleise benöthigle Baumaterial, wie riesige
Steine, Saud, Cement, ferner Krahnen
zum Heben der Steine und Maschinerien
aller Art dort die Straße sperren, wurde
doch schon mit dem Tieferlegcn der Straße
begonnen. Zu beiden Seiten der Kreuzung
ist daher das Pflaster der Archer Ave. auf-
gerissen, ebenso das der in nördlicher
und südlicher Richtung laufenden Neben-
straßen, Lasallc- und Clarkstr. Der Regen
hat die aufgrrissenen Straßen absolut un-
passirbar geinacht. Und dabei müssen die-
jenigen Personen, welche die Archer Ave.-,
Wallacestr.- und Wentworth Ave.-Straßen-
bahnwagen zur Fahrt nach der unteren
Stadt benutzen, diese Sümpfe und Moräste
zu Fuß passircn. Denn in Folge Aufrcißens
des Pflasters der Archer Ave. müssen die-
jenigen Leute, welch: mittelst der Wagen
der genannten Linien nach der Stadt wollen,
an der Kreuzung der Wentworth Ave. aus-
steigen und bis nach der Armour Ave. zu
Fug gehen. Dort steigen sie dann entweder
in die Wentworth Ave.-Wagen um, welche
an Clarkstr. in nördlicher Richtung fahren,
oder in Wagen, welche an der 19. Straße
deuStatestr.-Kabelzügcn angchäugl werden.
Dies verursacht außer Unbequemlichkei-
ten zum Mindesten eine Verzögerung von
20 Minuten, manchmal sogar (wenn keine
Transfer-Wagen zur Stelle sind), eine
solche von -l—ij Stunden. Am Tage ist
diese Passage allenfalls noch erträglich.
Aber Abends diese Stelle (die ohnehin
miserabel beleuchtet ist), zu passircn, ist
mit großer Gefahr verknüpft. DaS überall
umhcrliegende Baumaterial, das heraus-
gerissene, nur leichthin ausgestappelteHolz-
pflaster, lausende von Brettern, die
niedrigen Holzpfcilcr," über welche die
eiserne Spannung gelegt wird und alles
das nur schlecht durch rothe Warnungs-
lichter beleuchtet, sind reine Menscheu-
sallen. Und cs darf nicht Wunder nehmen,
wenn bis zur Fertigstellung dieser Straßcn-
Unter- und Babn-Uebcrsührung dort mehr
Menschen verunglücken werden, als in
Folge der Grad-Kreuzungen. Und diese
Zustände werden nicht Wochen, sondern
Monate audaucrn. Außerdem sammelt sich
dort allabendlich (besonders in der Zeit
von 12—4 Uhr Nachts, wenn nur alle
Stunde ein Straßenbahnwagen an der
Archer Ave. verkehrt), eine Gesellschaft von
Leuten an, die man gemeinhin mit
Strolchen bezeichnet und die Jeder-
mann vorläufig allerdigs nur insultireu,
bei günstiger Gelegenheit aber ausraubcn
dürften. Man hat wohl in der Gegend
Unannehmlichkeiten in Folgen Höherlcguug
der Geleise erwartet, aber die Sladlbehörde
sollte doch wenigstens dafür sorgen, daß
diese aus ein Minimum reducnt werden
und diese Gegend Nachts wenigstens ge-
nügend beleuchtet und polizeilich bewacht
wird. »
Es ist durchaus nicht nothwendig, daß
sich beispielsweise an der Kreuzung der 19.
und Stale Str. und Archer Ave. s—B5 —8 Po-
lizisten aufhaltcn (statt ihren Distriel ab-
zupatrouilircn) und an der oben beschrie-
benen gefährlichen Stelle fast gar keiner zu
sehen ist. Die Archer Ave.-Slraßeubahn-
Linie ist nach Mitternacht die einzige süd-
liche Croß-Town-Linic bis zur 43. Straße
und wird stark von 'Arbeitern, die von und
nach den Schlachhöfen und anderen Fabri-
ken, in denen Tag und Nacht gearbeitet
wird, sich begeben, benutzt wird. Diese
sind doch sicherlich ebenso zu Schutz berech-
tigt, als die Herrschaften in Aristokralen-
Vierteln. Noch eins wollen wir hier er-
wähnen. Noch ist, wie wir bereits sagten,
nicht ein halber Block weit das Geleise
höher gelegt, ja cs dürfte vielleicht noch
Wochen eehiuen, bis cs so weil sein wird,
aber schon lassen die beiden Bahugcsell-
schaften, welche diese Geleise benutzen, auchaus der weltlichen Seite derselben eine hohe
Stein-Blauer errichten. Diese soll angeb-
lich als Schutzmauer für die westlichen Ge-
leise dienen. Da nun aber vorläufig erst
die östlich liegenden Geletsc höher gelegt
werden sollen und diese Arbeit vielleichtein und ein halbes Jahr in Anspruch neh-
men wird, so können sich die in der Gegend
Wohnenden durchaus nicht erklären, warum
auch die andere des Bahubettes schon
durch eine chinesische Schutzmauer abge-
spcrrt werden soll. Wahrscheinlich hatdies nur den Zweck, dem Publikum die
Folgen der Gcleiscerhöhuug von der unan-
genehmsten Seite zu zeigen. Eine Abstel-
lung dieser Ucbclstäud? ist dringend noth-
wendig.
Der streik entschieden.
Beide Flügel der'Populisten-partei bekommen
ihre Kandidaten auf Petitionen hin
auf den Wahlzettel.
Die County-Wahlrevisionsbchördc gab
heute Nachmittag ihre Entscheidung in
Sachen des Streites zwischen dem Mor-
gan-O'Bricn'schen und dem Ryan'schen
Flügel der populistischen Partei um den
Platz ans dem Wahlzettel für die bevor-
stehende Wahl ab.
Die Entscheidung, zu welcher sich zwei
Mitglieder der Wahlrevisionsbehördc. Rich-
ter Scales und Staatsanwalt Kern, ge-
einigt batten, besagt, daß keine der beiden
Parteien auf Grund der Nomination auf
einer Convention das Recht beanspruchen
könne, daß beiden Parteien das Recht zu-
ftche, daß ihre Candidalen auf Grund von
Petitionen auf den Wahlzettel gesetzt
werden.
Wer Arbeiter irgend welcher Art braucht,
der schicke eine Anzeige an das Abendblatt.
Preis 10 Cents, wenn nicht mehr als 10
Wörter, jedes weitere Wort 1 Cent.
Tin Nachtstück.
George Reed von John Dillon mit einer
Flasche qetödtet.
Der 25jährigc George Need starb beute
Morgen um 4 Uhr an den Folgen
Wunde, die dadurch verursacht wurde, daßihm der Wirth John S. Dillon, No. 210W. Randolphstr., eine Flasche au den Kopf
warf.
Gestern Abend um 8 Uhr begab sich Reed
in Gesellschaft eines Frauenzimmers 'Na-mens Nellie Mulcaby in die genannic
Wirthschafl. bestellte Getränke und
bezahlte für dieselben. Dann machte Reed
ebenfalls eine Bestellung, doch Dillon wei-
gerte sich, ohne vorherige Bezahlung Ge-
tränke zu bringen. Need ärgerte sich darü-
ber und entfernte sich. Um 10 Uhr kam ermit Edward Burns und einem anderen
Manne zurück. Das Trio hatte verschie-
dene Getränke und Reed machte seinem
Zorne gegen Dillon in bitteren Worten
Luft. Dillon befahl ihm, das Lokal zu
verlassen und als Reed nicht ging, warf ermit mehreren Sodawasscrflaschen nach ihm,
ohne ihn zu treffen.
Als Reed immer noch keine Miene machte
zu gehen, ergriff Dillon einen Revolver.
Need verhöhnte ihn und sagte, er Hütte nicht
den Mulh, zu schießen. Dillon legte seinen
Revolver weg und warf Reed eine Seltzcr-
Wasser-Flasche an den Kops. BurnS zog
seinen verwundeten Genossen aus dem Lokal
und übergab ihn Dr. McGralb. der die
Wunde verband und meinte, daß sie nichtviel zu bedeuten habe. AberReed verlor
bald darauf die Besinnung und starb um
4 Uhr.
Dillon wurde verhaftet und nach der
Desplainesstr.-Station gebracht. Außer-
dem wurden Wm. Shclp, Edward Burns,
Kate Kelly und Chas. Kelly als Zeugen in
Haft genommen. Dillon behauptet, in
gehandelt zu haben.
Allerlei Tündcr
Im polizeigcricbt der Ost Lhicaao Ave.-
Station.
Nels Swan wurde heute Morgen vor
Richter Kersten von seiner Frau Eelia
Swan der gewohnheitsmäßigen Mißhand-
lung und des andauernden Rausches angc-
klagt. Swan wird eine Strafe von Hl 5
in der Bridemell abarbeitcn.
Dieselbe Strafe verhängte der Richter
gegen Gustav Storck, welcher nach seinem
Zeugniß zwei Jahre mit Kate Hambold,
No. 178 Ontariostraße, zusamniengcleb:
hatte. Kürzlich erlhciltc ibm seine Genossin
den Laufpaß und gestern Abend erschien
Storck plötzlich wieder im Haus und züch-
tigte seine Kate in nachdrücklichster Weise.
Die beiden Straßendirnen Marn White
und Mary Smith erhielten wegen An-
sprechens von Straßeupasianten je HL
Strafe zudiclirt.
Der jugendliche Joseph Roscnthal stand
durch W. W. iLeotl, einen Agenten der
„Tribüne", heule Morgen vor Richter Ker-
slen unter der Anklage, vor dem Hause 261
Oulariostraßc und den beiden Nebcn-
häusern gestern Morgen drei Zeitungen ge-
raubt zu haben. Des Angeklagten Vater
ging den Richter um Gnade an und erhielt
dieselbe bewilligt, indem Joseph mit einer
Verwarnung entlassen wurde. Im Wieder-
holungsfall wird die Strafe mit voller
Strenge aussallcn.
Zu viel Rauch.
Gin Gemeiuschaden in der tO. ward.
Dem stadträthlichen Comite für Gesund-
heitspflege lag heute Vormittag eine mit
mehreren Tausend Unterschriften bedeckte
Petition des „West Side Lime Kiln Jm-
provemcnt Club" vor, in welcher die Pe-
tenten den Stadtrath ersuchen, den Ge-
meinschaden abzustellen, den die „Chicago
Union Lime Works", welche in dem Bezirk
zwischen der Wood- und Nobcy- und der
18. und 19. Straße liegen, sich dadurch zu
Schulden kommen lassen, daß sic die ganze
Atmosphäre in jener Gegend beständig mit
einem die Gesundheit und das Leben der
Umwohnenden gefährdenden Rauch er-
füllen.
Zur Unterstützung der Petition hatten
sich zahlreiche Anwohner der Union Lime
Kiln Works vor dem Connle eiugesunden.
Außer über den aus den Schornsteinen
strömenden Rauch beschwerten sich die Pe-
tenten auch noch ganz besonders über die
in der Kalkbrennerei von Zeit zu Zeit vor-
gcnommencu Sprengungen von Gestein
vermittels Dynamit, welches den Häusern
in der Nachbarschaft angeblich sehr uach-
theilig ist.
Auf Antrag des Ald. Chapman beschloß
das Comite, die Ald. Chapman, Ballard
und Deist, und den Vorsitzenden Ald.
Finkler mit einer Untersuchung der Ange-
legenheit an Ort und Stelle zu beauftra-
gen. Das bezeichnele Subcomilc soll daun
an das Comite zurückberichten.
Seltener Besuch.
Postmeister Hesing halte heute Morgen
hohen Besuch. Im Lause des Morgens
ließen sich nämlich bei ihm melden: F. D.
Nich, derPostmeister von Liverpool, Lewin
Hall, Ass. Sccrelär des Generaipostamls
in London und James I. Cardin, eben-
falls ein Beamten des Pojtamls von Lon-
don. Die Herren befinden sich auf einer
Vergnügungsreise und benützen die Gele-
genheit, mit ihren amerikanischen Collegeu
bekannt zu werden, sowie den hiesigen Post-
betricb aus eigener Anschauung kennen zu
lernen.
Marks Jackson, 78 Jahre alt, der
Vater des ehemaligen Alderman Philipp
Jackson, starb heule Morgen plötzlich in
seiner Wohnung No. 2648 Calumet Ave.
Viehmarkt.
Schweine sind fest im Preise, und
schlechte Qualität im Preise um 5 Cent
gewichen und brachten schwere 4.35(«:4.75,
leichte 4.15(Z4.6Ü, durcheinander
4.70.
Rindvieh und Schafe fest.
Zufuhr 19,000 Stück Rindvieh, 35,000
Schweine und 1,000 Schafe.